Samstag, 22. März 2014

Ice Ice Baby

Seit Mittwoch bin ich im Herzen des Winters angekommen, genauer: Sapporo, Hokkaido.
Nach einem letzten Training mit Sensei und der obligatorischen Flasche Sake die danach gemeinsam geleert werden musste, trennten sich meine und Dragos Wege, um mit dem Flieger zur nördlichsten Insel Japans zu kommen, die ich bis dato noch nie besucht hatte.
Schon auf dem Weg vom Flughafen zur Stadt war ich ziemlich von den Schneemassen überrascht, die hier noch überall zu sehen sind. Mir war zwar klar, dass es sicherlich kälter sein würde und vermutlich auch ab und an schneien könnte, aber damit hatte ich dann doch nicht gerechnet.

Am Bahnhof angekommen traf ich Mai - eine Freundin die ich noch von meinem Schüleraustausch kenne - die mich zielsicher zu meinem Hostel führte. Sobald wir den Bahnhof verließen, fing es dann natürlich auch gleich an zu schneien. Mein "Koffer" ist diesmal besser mit den Worten "Sack mit Rollen" zu beschreiben. Eigentlich sehr praktisch, da eine Menge Platz ist und ich auf dieser Reise nicht durch ein allzu strenges  Gewichtslimit eingeschränkt bin, aber auf schneebedeckten Straßen stellte sich der Sack doch als ordentliche Belastung heraus. So bleibe ich wenigstens in Form.

Nachdem das Gepäck im Hostel abgegeben war, machten wir uns auf den Weg zum Sapporo Bier Museum. Der Gründer der Brauerei in Sapporo, wie sollte es anders sein, durchlief eine Ausbildung in Deutschland und braute ab Ende des 19. Jahrhunderts nach deutschem Rezept und Reinheitsgebot.
Weiter ging es dann noch zum Fernsehturm, danach machten wir uns auf die Suche nach etwas zu Essen. Mai erzählte mir von einem sehr beliebten Restaurant, das vor allem durch seine Gemüsevariationen bekannt sei. Nach dieser Beschreibung ging ich von einem vegetarischen Restaurant aus, dachte mir, das sei eine nette Abwechslung und stimmte fröhlich zu, dorthin zu gehen.
Der unwissende Leser muss an dieser Stelle darüber informiert werden, dass es keine leichte Aufgabe in Japan ist, vegetarisch zu speisen. Bei fast jedem Gericht gibt es entweder eine Fleisch- oder Fischbeilage - richtige Vegetarier gibt es nach meinen Kenntnissen so gut wie nicht.
Deswegen stellte sich meine Vorstellung auch als naive Imagination heraus, als erstes wurde uns eine Sashimiplatte, also roher Fisch, serviert, dann gab es Rindfleisch in Tomatensuppe und nochmal Fisch, aber diesmal gegrillt. Lecker wars trotzdem!

Die Nacht verbrachte ich dann im Hostel, natürlich traf ich dort auch auf eine Deutsche und einen Holländer namens Jürgen (?) der fließend Deutsch konnte...

Am nächsten Tag ging es mit Mai nach Otaru, einer kleinen Hafenstadt, die vor allem für ihr Sushi berühmt ist. Auch hier warteten wieder Schneemassen auf uns. Da ich immer noch in meinen zerrissenen Nikeschuhen rumlatschte (und das bis heute fortsetze), dauerte es nicht lange, bis meine Füße vollkommen durchgefroren und durchnässt waren. Otaru präsentierte sich vor allem grau, mit einigen Gebäuden mit starkem europäischem Einfluss und sehr leckerem Sushi. In Otaru stieß dann auch noch Kondo zu uns, ein Freund aus Nara, der mich und einen anderen Freund, Yuta, in Sapporo besuchte.
Bei Yuta verbrachten wir die Nacht, Sake trinkend bis kurz vor Sonnenaufgang, über das MH370 Mysterium rätselnd und ähnliche Diskussionen führend, bis wir doch im Kampf gegen den Schlaf aufgaben.
Den nächsten Tag hing ich mit Kondo und Yuta rum, Mai verabschiedete sich, da sie arbeiten musste. Kondo im übrigen, hatte die japanische Kunst der Kurzreisen auf die Spitze getrieben: er hatte donnerstags mittags das Flugzeug nach Hokkaido genommen, eine Nacht dort verbracht und am nächsten Mittag den Rückflug. Das überraschte selbst die anderen Japaner.
Yuta ist ebenfalls Arzt und arbeitet in einem Krankenhaus in Sapporo. Da auf Hokkaido wesentlich weniger Menschen leben aber trotzdem viel Platz zur Verfügung steht, sind die Mieten nicht allzu unmenschlich und Yutas Wohnung ist ein glänzender Beweise dafür. Glücklicherweise konnte ich dort eine weitere Nacht bleiben, um dann am nächsten Tag in ein anderes Hostel umzuziehen, das zwar etwas kleiner, aber ohne Deutsche ausgestattet ist. Hier bleibe ich noch bis Montag, bis es dann auf nach Kansai geht.
Heute schneit es zum ersten Mal nicht mehr und ich werde mich vermutlich auf den Weg zu einer heißen Quelle machen und ein wenig relaxen.
Hokkaido ist für bildhaft schöne Landschaften und großartige Skigebiete berühmt, alleine will ich aber nicht Skifahren und die Landschaften sind derzeit von Schnee verdeckt. Ohne die richtige Ausrüstung kann man also auch nicht allzu viel entdecken. Sapporo selbst ist...interessant. Ein großer Teil der Stadt ist durch ein Untergrundsystem vernetzt, so kann man weite Strecken zurücklegen, ohne den harschen Außenbedingungen ausgesetzt zu sein. Weiterhin ist die Stadt für japanische Verhältnisse mit äußerst breiten Straßen und Gehwegen ausgestattet. Trotzdem konnte sie mich bisher noch nicht richtig begeistern, vielleicht liegt das aber auch am kalten Wetter und dem vielen Schnee und Eis, die in Kombination das einfache Überqueren einer Straße zum Abenteuer machen. Da bleibt nur eins: nochmal im Sommer vorbeischauen!

 Scharfe Augen bemerken einen bekannten Schriftzug

 Da wächst mir doch glatt ein Horn

 Schnee. Massen.

Altes Haus in Otaru - Steinbauten sind eine Seltenheit in Japan und viel häufiger auf Hokkaido als sonst wo

 Etwas Gutes hatte die Kälte: sie half meinem Ninjatraining!

 Ice Ice

 Kondo, Mai, Ich

 *Schmatz*

 Ein Japaner gibt auf. Seine Beine trugen ihn nicht mehr, er fiel...

und blieb liegen. Mittlerweile liegt eine zwei Meter dicke Schneedecke über der gebrochenen Gestalt von diesem armen Opfer der Natur.

 Auf dem Weg zum Hokkaidoschrein - noch harmlos.

 Weiterhin ohne größere Gefahr.

 Das Hauptgebäude, die ersten Flocken fallen.

Eine Statue vor dem Schrein, kurz bevor ein heftiger Schneesturm einsetzt und meine Heimkehr gefährdet.

1 Kommentar:

  1. Das ist doch verrückt! Hier sinds 25°C und die Sonne lacht!! Gut dass du Fotos gemacht hast, sonst hätt ich dir nicht geglaubt :P Immerhin hattest du diesen Winter dann mal Schnee. Wir hatten nichtmal Winter!

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