Dienstag, 1. April 2014

Knappe Zeit!

Puh, es hat etwas gedauert bis ich wieder die Zeit finden konnte hier reinzuschreiben! Das liegt zum einen an der schlechten Verfügbarkeit von Internet in Taitos Wohnung und zum anderen an meinem vollgepackten Terminkalender seit ich in der Präfektur Kansai angekommen bin.
Aaaaaber lasst mich am Anfang beginnen!

Vor anderthalb Wochen bin ich von Hokkaido aus aufgebrochen. Die letzten beiden Tage dort hatte ich sogar Glück mit dem Wetter, die Sonne schien und als ich der heißen Quelle einen Besuch abstattete, bot sich mir ein wunderbarer Ausblick aus dem Freibad. (Die Bilder sind nicht aus dem Freibad, da die nackten Männer mich sonst totgeprügelt hätten)





Im Umkehrschluss bedeutete das allerdings auch, dass die Schnemassen schmolzen und die Gefahr auszurutschen dramatisch anstieg. Glücklicherweise konnte ich mich vor diesem Schicksal retten (wenn zum Teil auch nur äußerst knapp), aber meinen Sack durch die schmelzende Brühe zum Flughafen, respektive Bahnhof, zu zerren war alles andere als ein Vergnügen.

Der Flug mit der Billigairline "Peach" hatte dann auch gleich eine halbe Stunde Verspätung (es lebe Ryanair!), was eine actiongeladene Verfolgungsjagd mit meinem Anschlusszug (dem letzten Zug des Tages) zur Folge hatte. Im Zug machte ich die Bekanntschaft mit einer Amerikanerin, die keinerlei Pläne für ihre Transitnacht in Osaka gemacht hatte und der ich daraufhin half eine Unterkunft zu finden. Amerikatypisch plapperte sie quasi ununterbrochen, über ihren Job in Hokkaido, ihre Reisepläne, unbeliebte Kollegen, etc., aber das war mir ganz recht, da ich etwas Unterhaltung während meinem Abendessen ganz gut gebrauchen konnte.

Am nächsten Tag tourte ich durch Osaka, da ich die Stadt recht gut von früher kenne gab es keine wirklich klaren Sightseeingziele für mich. Trotzdem ist Osaka toll, wesentlich dreckiger und durchmischter als Tokyo, mit verwinkelteren Gassen und zwielichtigen Läden aber dabei halt typisch japanisch und dementsprechend sicher. Der ursprüngliche Plan lautete, am Abend nach Nara aufzubrechen, wo ich meinen Freund Taito treffen sollte, der mir für die Woche Unterschlupf angeboten hatte. Irgendwann nachmittags erreichte mich dann aber ein Anruf von Kondo (ihr wisst schon, der aus Hokkaido):

"Hey Marcel, wo bist du gerade?"
"In Osaka, Umeda um genauer zu sein...und selbst?", antwortete ich.
"Eeeecht? Ich bin auch grad in Umeda, komm lass uns was trinken gehen!", kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen.
Das wurde dann auch sogleich in die Tat umgesetzt. Ein wenig später kam dann noch ein Kohai (oh, jetzt wirds kompliziert) Kondos dazu und ließ sich von uns abfüllen.
Kohai...tja, ich glaub ich hab im letzten Jahr davon schon mal geschrieben. Also kurz gesagt ein Student in einem niedrigeren Semester als Kondo. Jetzt kommt der spannende Teil.

Ich hab ja jetzt schon einige Begegnungen zwischen Japanern mitbekommen und weiß auch so einigermaßen wie sie sich in ihrem Hierarchiegehege verhalten. Ein Novum war jetzt aber zu sehen, wie Kondo, den ich vorher selbst immer nur als "Untergebenen" gegenüber den Ärzten in der Klinik gesehen habe zum Alphatier aufstieg. Das ist wirklich so eine Art Verhaltensanweisung für Japaner (daher auch immer recht früh im Gespräch die Frage nach dem Alter des Gegenübers), wenn man selbst eine "höhere" Position einnimmt, dann ist es Gang und Gebe (und auch erwartet) den dicken Macker raushängen zu lassen. Da wir in der letzten Woche noch ein paar Mal mit anderen Studenten unterwegs waren, kann ich bestätigen, dass das auch nicht nur an Kondo liegt sondern relativ universal betrachtet werden kann.
Das bedeutet nicht, dass Kondo im Gespräch unfreundlich oder ausfallend war, aber wesentlich offener, ein wenig von oben herab und stets darauf erpicht jede Diskussion für sich zu entscheiden, anstatt nachzugeben (das ist durchaus was Besonderes für Japaner).
Im Gegenzug war es dann auch seine Aufgabe die Rechnung des Abends zu begleichen und diese verrückten Japaner haben doch tatsächlich zu dritt gute 150€ versoffen&verspeist.............

Ziemlich betrunken taumelte ich dann nach Nara. Also in den Zug nach Nara. Ich entschied mich dann erstmal den Treffpunkt mit Taito zu verwirren und ziellos durch Nara zu schlappen, bis er mich einfangen konnte und meine entschuldigenden Worte "Shorry, Konnnnddoo hat mish abgefülllllld" mit einem strafendem Blick quittierte.

Endlich war ich also zurück in Nara, meiner Heimatstadt im letzten Jahr. In Taitos neuer Wohnung konnte ich Unterschlupf finden, wobei gesagt werden muss, dass Taito größtenteils noch bei seiner Familie lebt. Er hat weder Kühlschrank noch Herd bei sich zu Hause (auch kein Internet), weshalb wir gleich am nächsten, sehr regnerischen, Tag seine Großmutter anriefen und sie anbetteln uns etwas zum Essen zuzubereiten.
Daraufhin trafen wir einen alten Schulkameraden von Taito, nahmen ein heißes Bad und probten  unsere Baseball Künste. In Japan gibt es überall Baseball oder Golf"übungs"plätze. Hier kann man für ein paar eure 130 km/h schnelle Wurfgeschosse auf sich feuern lassen und falls man zu langsam zum Ausweichen ist, kann man mit einem Schläger versuchen sich zu schützen. Ich konnte meistens ausweichen, der Schläger war also mehr oder weniger unnütz.

Das Mainevent meines Aufenthalts in Nara war aber das Wiedervereinigungstreffen mit meinen Unikollegen aus der PJ Zeit. Im Lauf des Abends kamen wir irgendwann auf die Diskussion, dass ich ja noch nie einen japanischen Club besucht hatte. Kosuke und Taito erklärten sich dann auch sofort dazu bereit, mich um diese Erfahrung zu bereichern. Sobald der Rest der Bande sich aufgelöst hatte (hier in Japan fangen alle am 1.4. an zu arbeiten und dementsprechend sind die meisten mit Umzug und Vorbereitungen beschäftigt) zogen wir zu dritt los und hatten gleich großes Glück, da der erste Club vollkommen leer war und wir genug Platz hatten, um unsere Gliedmaßen in der Gegend umherzuschleudern. Der Eintritt betrug 1500 Yen, das ist etwas mehr als 10€ dafür ist aber ein Getränk bis zu 600 Yen inklusive. Im Club selbst gibt es fein säuberlich geordnete Schließfächer, in die man seine Sachen einschließen kann. Sehr japanisch eben.

Der zweite Club bot dann schon mehr Partystimmung, besonders begeistert hatte mich eine Gruppe von Sumokämpfern (kein Scherz), vier Typen, alle ca. 1,90 m groß und doppelt so breit wie ich, in traditioneller Yukata und umringt von Nutznießern. Leider haben sie abgelehnt ein Photo mit mir zu machen und ich wollte dann doch nicht weiter nachbohren...wer weiß wozu die in der Lage sind...
Die Party wurde dann allerdings um Punkt 1:00 Uhr beendet und wir fanden uns erneut auf der Straße. Mittlerweile hatten wir zwei Briten und einen Australier aufgegabelt, die die Hoffnung hatten, dass Japaner in Begleitung von einem Ausländer Englisch sprechen können. Ha! Lächerlich!

Nichtsdestotrotz zogen wir gemeinsam weiter zu einem Afterpartyclub. Hier kostete der Eintritt nur 1000 Yen und es herrschte Bombenstimmung. Das lag vielleicht auch an den blinkenden Leuchtstäben die von den Clubbetreibern ausgeteilt wurden. Sehr auffallend ist aber, dass alle Japaner immer auf die Bühne ausgerichtet tanzen, auch wenn dort niemand ist...außerdem gibt es geheime Choreographien für manche Lieder oder bestimmte Passagen und dann fangen alle an das gleiche zu machen...ist alles etwas unheimlich und man fühlt sich wie auf einem Treffen des örtlichen Hexenverbands. Nicht allzu viel anders als in Europa also, man muss das dementsprechend nicht wiederholen.
Nach einer Nudelsuppe und ziemlich erschöpft stiegen wir nach dem ganzen Trubel in den ersten Zug und kamen pünktlich zum Sonnenaufgang in Nara an.

So jetzt hab ich schon einiges geschrieben, konnte aber immer noch nicht bis zur Gegenwart aufholen. Derzeit bin ich bei meiner ehemaligen Gastfamilie, der Frühling hat mittlerweile die Alleinherrschaft an sich gerissen und die Kirschblüten erweisen dem Thronfolger in voller Blüte die Ehre. Meine Tage bestehen aus viel Essen (Heute beim Frühstück erwartete mich eine Schüssel Reis und ein Schälchen Misosuppe. Ich strahlte schon vor Glück, da ich mich ausnahmsweise mal nicht vollstopfen musste. Dann kam noch ein Schälchen mit getrockneten Fischen dazu. Gut, dachte ich mir, das gibt dem Reis etwas mehr Geschmack. Als nächstes kam auf Bacon gebratenes Spiegelei mit Salat und dann noch gegrillter Fisch...heute Mittag waren wir Erdbeeren essen. Dafür geht man in ein Treibhaus, zahlt Eintritt und darf dann eine halbe Stunde soviele Erdbeeren essen wie man mag....), Freunde&Familie treffen und dann manchmal ausruhen und schlafen.
Ab nachher gehts dann ab nach Shikoku, der vierten und kleinsten Insel Japans die sich an Honshu anlegt. Dort werd ich mit meinen Gasteltern bis Freitag die Gegend unsicher machen und daraufhin mit Freunden durch Honshu für ein paar Tage ziehen.
Ende nächster Woche gehts auch schon wieder nach Tokyo, mindestens einmal werde ich hier aber noch reinschreiben können denk ich!
Osaka! Falls man doch mal Heimweh bekommt!


 Ein Stückchen Paradies in Nara mit Kirschblüten

 Der Berg Shigi.
 Hier wird Bishamonten verehrt, unteranderem eine mächtige Kriegsgottheit

 Auch Shigi

Osaka! Wobei mir der tiefere Sinn des Cartoons noch nicht ganz klar geworden ist...

2 Kommentare:

  1. Wenn du so weiter isst kannst dus irgendwann doch noch mit den Sumokämpfern aufnehmen!

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  2. Achja, und: schön dass du noch Kirschblüten mitbekommst! Sieht nett aus.

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