Letzte Woche verlief relativ unspektakulär. Von Montag abend bis Mittwoch bekam ich Besuch von Julia aus meinem Kenjutsu-Training für zwei Tage, da sie in Tokyo einen Teil ihres Referendariats absolviert hat und jetzt die letzte Woche noch durch Japan reiste. Zusammen haben wir mit den japanischen Studenten Spaghetti-Carbonara gekocht und das war auch schon der Höhepunkt der letzten Tage.
Umso ereignisreicher gestaltete sich der Samstag...und glorreicher...!
Zunächst einmal musste ich früh aufstehen, da ich ja nach Nara wollte, um Trainieren zu gehen. Das war gar nicht so leicht, da Sergio und ich am Abend zuvor noch nen Film angeschaut haben und ich dementsprechend spät ins Bett bin. Wie bereits erwähnt, muss ich Samstags um 8:00 Uhr den Zug erwischen, damit ich bis um halb zehn in meinem Dojo ankomme. Auf der Zugfahrt habe ich erstmal die milden Temperaturen genossen, in den letzten Tagen ist es deutlich abgekühlt, man könnte beinahe von winterlichen Verhältnissen sprechen (ca. 27° tagsüber).
Vom Hauptbahnhof Nara bis zur Trainingshalle dauert es nochmal ne knappe Viertelstunde zu Fuß. Aber ich war frohen Mutes jetzt zum zweiten Mal trainieren zu können, gerade auch, da ich bei diesen Temperaturen vielleicht nicht ganz so große Schweißpfützen auf dem Boden hinterlassen würde.
Es kam natürlich ganz anders.
Mit Entschlossenheit und Eifer in meinem Blick stieß ich die Tür des Dojos auf, hinter der sicherlich schon meine Trainingskollegen warten würden, um mich in den Geheimnissen der Speerkunst zu unterweisen.
Um es abzukürzen: nein, es wartete niemand auf mich. Stattdessen sprang mir eine Meute japanischer Grundschulkinder entgegen, alle in Keiko-Gi und Hakama gekleidet. Für diejenigen unter euch, die sich mit dieser Beschreibung kein Bild machen können, stellt es euch so vor:
Ca. zwanzig Minisamurai, alle etwas höher als mein Knie, kommen kreischend und mit irrem Blick auf mich zugerannt. Hätte ich nicht gesehen, dass sich in sicherem Abstand auch ältere Japaner (vermutlich die Eltern der Minisamurai, wie ich blitzschnell kombinierte) aufhielten, hätte ich einfach die Tür vor mir verschlossen und wäre davon gerannt - vermutlich mit einem nicht sehr männlichen Schrei auf meinen Lippen.
So schluckte ich die Angst herunter, sprang zur Seite, um nicht unter den herumtollenden Killermaschinen begraben zu werden und versuchte möglichst schnell mit jemandem Kontakt aufzunehmen, der mir diese Situation erklären konnte.
Eine nette Frau sagte mir dann geduldig (wobei man an ihren blutunterlaufenen Augen erkennen konnte, dass ihre Geduld in den letzten Stunden durch die kreischenden Kriegerchen schon kräftig strapaziert wurde), dass heute wohl im Rahmen einer Veranstaltung für die Kinder jegliches andere Training ausfällt. Das konnte ich natürlich nicht wissen, da ich letzte Woche nicht beim Training anwesend war.
Um zusammenzufassen: ich hatte mich früh morgens aus meinem Bett gequält, war eine knappe Stunde Zug gefahren (für fast 5€) und eine Viertelstunde gelaufen, um gesagt zu bekommen, dass ich jetzt wieder heim gehen könne.
Meine Begeisterung war grenzenlos.
Aber hey, es war Samstag, ich musste nicht in die Klinik und hatte jetzt immerhin den ganzen Tag frei und würde mir das nicht nehmen lassen. Statt sofort nach Kashihara zurückzufahren spazierte ich also noch etwas durch Nara. Da ich viele der Tempel und Schreine schon gesehen hatte, suchte ich mir einen Weg durch die nicht so touristischen Wohnviertel, entlang an einem recht idyllischen Fluss, an dessen Ufer man so etwas ähnliches wie Stille (Luxusgut in Japan!) erleben konnte und wo ich die Theorie formulierte, dass Japaner nur so klein sind, weil die japanischen Insekten so groß sind.
Die Mechanismen sind mir noch nicht ganz klar, aber nach längerem drüber Nachdenken bin ich mir ziemlich sich, dass ich auf einer heißen Spur bin. Ganz ehrlich, handtellergroße Spinnen haben hier an jedem Wegrand ihre Netze gesponnen, Zikaden, Kakerlaken und Libellen, die alle so groß sind wie kleine Mäuse zischen hier überall in der Gegend rum und gefährden das Leben jedes Insektophobiker (der sich auf der Flucht z.B. in besagten Fluß werfen könnte, o.ä.).
Nur die Schnaken sind klein und ihre Stiche glücklicherweise auch nicht von allzu quälender Natur.
Den Rest meiner Zeit in Nara verbrachte ich damit, ein offenes WLAN zu suchen, da Amazon mir nicht gestattet, mit meinem Laptop neue Bücher für meinen Kindle zu kaufen. Mit dem Kindle darf ich allerdings shoppen bis ich pleite bin...
Jetzt habe ich aufjedenfall neuen Lesestoff.
Auf dem Weg nach Kashihara verspeiste ich noch schnell zwei Fertigsandwiches und ein Onigiri (Reisballen mit Algen umwickelt - sehr lecker als kleiner Snack) und genoß im Zug meine neue Lektüre.
Zuhause blieb mir nicht viel Zeit, ich kam gerade dazu mich umzuziehen, denn mittags erwartete mich schon der nächste Programmpunkt.
Sergio war nämlich von einem seiner Ärzte zu einem Nachmittagsbrunch in Osaka eingeladen worden und hatte mich gefragt, ob ich nicht auch Lust hätte, mitzukommen. Ich dachte mir nichts böses dabei und sagte gleich zu. Erst als Sergio von seinem Arzt die Antwort bekam, dass es vollkommen OK sei, dass ich mitkommen würde, fiel uns unser Fehler auf.
In Japan gibt es das sogenannte Kohai-Senpai System. Dieses System basiert auf Erfahrung der jeweiligen Person und betrifft quasi jede soziale Aktivität der Japaner. Die erfahrenen werden dementsprechend Senpai genannt, die Neulinge Kohai.
Alter spielt keine Rolle, so wird z.B. ein 40-jähriger, der frisch in einen Schwimmverein eintritt, gegenüber einem 20-jährigen, der in besagtem Verein seit 5 Jahren Mitglied ist, stehts die Rolle des Kohai einnehmen. Auch auf der Arbeit herrscht dieses System, was vermutlich einer der Gründe ist, weshalb es formelle Abgrenzungen wie bei uns (Assistenzarzt, Facharzt, Oberarzt) fast nicht gibt.
Wichtig bei diesem System ist, dass die einzelnen Rollen auch verschiedene Aufgaben zu erfüllen haben. Die Senpai sind erfahrener in dem was sie tun und sind deshalb (sozial) dazu verpflichtet, die Kohai zu unterweisen und zu unterstützen. Im Gegenzug übernehmen die Kohai einfache Aufgaben, für die nicht viele Fähigkeiten oder Erfahrung benötigt werden. Bei meinem Sojutsu-Training sieht das so aus, dass die Senpai die Rolle der Trainer einnehmen und die Kohai nach dem Training die Speere wegräumen und die Halle putzen.
Bei der Arbeit kommt noch ein finanzieller Aspekt hinzu. Da die Senpai in der Regel mehr Geld verdienen (nicht zwangsläufig, da ein Kohai z.B. auch erfolgreicher sein kann und eine höhere Stellung bei der Arbeit einnimmt als sein Senpai, obwohl die Kohai-Senpai-Beziehung sich dadurch nicht verändern wird), wird von ihnen auch erwartet, ihre Kohai davon profitieren zu lassen. Praktisch sieht das so aus, dass Firmenessen oder Barausflüge mit der Klinikbelegschaft von den erfahreneren Arbeitern/Ärzten (zumindest zu einem Großteil) bezahlt werden. Sergio und ich profitieren sehr davon, da wir regelmässig zu Mittag- und Abendessen eingeladen werden, in Restaurants die definitiv unsere finanziellen Möglichkeiten sprengen würden (Sergio war letztes Wochenende wohl in einem der teuersten Restaurants Kyotos...!).
Mit diesem Gedanken in Kopf gingen wir nochmal die Einladung von Sergios Arzt durch. Dort war, etwas untypisch, der Preis des Buffets aufgelistet. 5000 Yen sollte der Spass kosten, umgerechnet knapp 50 €.
Da es sich um eine Masseneinladung handelte, gingen wir davon aus, dass die Allgemeinheit wohl selbst bezahlen sollte, Sergio würde aber sicherlich eingeladen werden. Die Frage stellte sich nur, ob ich auch die Gunst der Japaner ausnutzen könnte, oder diese nicht unbeachtlichen Kosten an mir hängen bleiben würden.
Ich hatte aber ja schon zugesagt und die Japaner rechneten nun damit, dass zwei Ausländer auftauchen würden - jetzt abzusagen würde wohl nicht sehr höflich erscheinen, zudem dass ja auch meine zukünftigen Kollegen sein werden.
Wir entschlossen uns also dazu, den Preis zu splitten, sollte ich selbst zahlen müssen. Ha!
Gegen halb drei brach ich nach Osaka auf. Sergio hatte mir den Namen der Bar genannt, Google hatte mir zehn verschiedene Adressen ausgespuckt. Glücklicherweise hatte "Bing" einen klaren Ort markiert, wo sich die Bar befinden sollte. Sergio hat leider nur sein deutsches Handy hier, deswegen können wir nicht ohne weiteres Kontakt miteinander aufnehmen, was sich noch als Problem herausstellen sollte.
Das Buffet sollte ab halb vier starten. Ich war pünktlich am von Bing markierten Gebäude angekommen, wo sich natürlich nicht die gesuchte Bar befand, sondern nur ein deutsches Restaurant "Hanburugu" (allerdings ohne Deutsche).
Da stand ich nun, nicht in der Lage, irgendwie die richtige Adresse (das ist in Japan durch fehlende Häusernummern eh schwierig) herauszufinden, in einem Bezirk, wo alle zehn Meter eine Bar, ein Cafe oder ein Restaurant zu finden ist, so dass mir auf Anfrage natürlich auch niemand helfen konnte. Wobei ich sehr viele Tipps erhielt, welche anderen Bars in der Gegend gut seien und wo ich unbedingt mal hin müsste...
Ich irrte für beinahe eine dreiviertel Stunde umher und dachte mir schon, dass der Tag sich so fortsetzen würde, wie er begonnen hatte. Aber diesmal lachte mir das Schicksal zu.
Als ich ein weiteres Mal zu dem von Bing markierten Gebäude kam, stand davor Sergio.
"Ha, sicherlich ist die Bar doch da drinne, ich habe sie bloß übersehen, doof wie ich bin und Sergio wartet schon die ganze Zeit davor, um mich zu finden!" , dachte ich mir und eilte ihm entgegen.
Tja, falsch gedacht. Tatsächlich hatte Sergio auch nur die fehlerhafte Anweisung von Bing, so dass wir jetzt zu zweit ahnungslos waren.
Glücklicherweise stellte sich heraus, dass er die Handynummer seines Arztes mitgebracht hatte. Mit meinem Handy konnten wir ihn erreichen und fanden dann auch recht schnell den richtigen Ort.
Aber es wurde noch besser.
Die Ärzte freuten sich riesig uns zu sehen, auch wenn wir über eine Stunde zu spät waren. Als erstes wurde uns die Frage gestellt: Wollt ihr jetzt gleich oder am Ende bezahlen?
Worst case...super...
Sergio und ich wechselten einen kurzen Blick, wir hatte schon vorher besprochen, dass es auch dazu kommen könnte. Dieses eine Essen schien von den sonst allgemeingültigen Kohai-Senpai-Regeln ausgeschlossen zu sein.
Wir bezahlten also und nahmen uns vor, uns wenigstens richtig satt zu essen und eine Menge zu trinken. Der Plan waren zehn Bier für jeden, dafür hatten wir allerdings nur knappe anderthalb Stunden Zeit.
In Japan ist es generell schweineteuer wegzugehen (Essen kann man eigentlich ausserhalb sehr günstig, bloß wenn es ums Trinken geht, wirds schnell horrend), deswegen sind All-You-Can-Drink-And-Eat Angebote extrem populär. Hierbei zahlt man einen Betrag zwischen 30-50 € und kann dann für einen sehr begrenzten Zeitraum, meistens zwei Stunden, zulangen soviel man will.
Das Essen gestern war sehr lecker, nur hatten sich viele der Japaner (es waren fast 50 Gäste da) vorgenommen, uns an unserem Plan zu hindern und uns in viele Gespräche zu verwickeln.
Sergio schaffte es irgendwie, soviel zu Essen, dass er den restlichen Tag über nichts mehr brauchte, aber wer mich kennt, der weiß: ich esse nicht viel auf einmal aber dafür häufig und ich bin noch nichtmal vor Ort richtig satt gewesen.
An die zehn Bier kamen wir auch nicht ran, aber so war es eben ein sehr teurer Eintrittspreis für einen ansonsten lustigen Nachmittag.
Durch endlich mal etwas mehr Alkohol in meinen Venen (die meisten Japaner hören auf zu trinken, wenn ich gerade anfangen würde...), war ich nach dem Essen - es war gerade mal 18 Uhr - in bester Stimmung, um noch etwas zu unternehmen. Sergio hingegen wirkte müde und wir beide waren uns einig, dass wir möglichst wenig Geld ausgeben wollten. Wir überlegten also, was wir noch machen könnten und nach einigem Hin und Her konnte ich ihn davon überzeugen, zumindest noch ein Bier mit mir zu trinken, bevor wir uns auf den Heimweg machten.
Auf der Suche nach einer Bar schlenderten wir durch Nanba, wo sich auch abends noch das Leben tummelt, mit grellen Neonlichtern und ohrenbetäubender Pachinko-Musik.
Allerdings ist es nicht leicht, eine Bar in Japan zu finden. Hier gibt es vor allem Restaurants, häufig ist es zwar auch dort gestattet, nur etwas zu trinken, aber die sind meist nicht so gemütlich gestaltet.
Deswegen dauerte es auch einige Zeit, aber letzten Endes kamen wir an einer kleinen Bar an, in der viele Ausländer saßen.
Mit den Ausländern ist das immer so eine Sache hier.
Man weiß nicht, ob man sich von ihnen fern halten oder ihre Nähe suchen soll. Irgendwie gibt es schon etwas, das einen verbindet, allein da man auf der Straße so extrem auffällt. Aber Ausländer bedeuten in der Regel auch: keine Japaner. Wenn man also japanische Bekanntschaften machen will, kann es gut sein, dass es besser wäre, andere Gaijin (wie man hier genannt wird) zu meiden.
Uns ging es gestern abend aber nur darum, günstig zu trinken, weshalb wir auf der Karte vor der Bar nach dem Bierpreis suchten. Bevor wir uns versahen, kam ein junger Japaner aus der Bar und fragte uns, ob wir nicht reinkommen wollten.
Wir erzählten ihn von unserem monetären Dilemma und er grinste nur breit.
"Kommt rein, kommt rein! Ab 20 Uhr schmeiß ich hier ne Party, da bekommt ihr Trinken und Essen umsonst, ihr seid die Ehrengäste!", sagte er begeistert.
Wir schauten uns skeptisch an. Die Bar war für japanische Verhältnisse eher spelunkenartig, sehr dunkel, mit alten Ledercouches und vor allem: vielen Gaijin, was auch ein Hinweis für Zwielichtigkeit sein kann (Japaner sind harmlos, vor den Ausländern muss man sich in Acht nehmen...ist tatsächlich so).
Aber ich war neugierig und wollte etwas Spaß haben, Sergio hingegen war eher skeptisch, trotzdem gelang es mir ihn dazu zu bringen, einen Blick hinein zu werfen.
Yoshi, wie sich uns der Japaner vorstellte, führte uns aber nicht in die Bar, sondern zu einer Treppe neben dem Eingang, die in ein noch düstereres Loch mündete. Spätestens hier rumorte auch in meinem Bauch ein mulmiges Gefühl.
Das "Loch" war tatsächlich ein kleiner Kellerclub, komplett mit Bar und Sofas und eigentlich recht gemütlich. Vier Japanerinnen warteten schon auf uns und wir hatten eine Art Déjà-Vu. Das konnte doch nicht schon wieder eine Hostess-Bar sein?
Aber eine der Japanerinnen stellte sich uns als Yoshis Schwester vor, womit zumindest meine Sorgen hinweggefegt waren. Die eigene Schwester zu verkaufen kommt selbst Japanern nicht in den Sinn. Das hatte ich zumindest gehofft.
Sergio verdächtigte unseren Gastgeber immer noch, uns hinters Licht zu führen, während ich mich mit der japanischen Gastfreundschaft als Erklärung abgefunden hatte.
Deswegen fragte er immer wieder, was das ganze denn kosten würde. Sergio lernt erst seit einigen Monaten Japanisch, weshalb ich ihm noch häufig helfe, Dinge zu verstehen oder auszudrücken.
Yoshi antwortete irgendwann: "Willst du denn unbedingt zahlen?"
Und bevor ich mich dazwischenschalten konnte, sagte Sergio schon "Ja.". Wobei er eigentlich sagen wollte, dass es ja nicht kostenlos für uns sein könnte.
"Dann gib mir 1000 Yen.", sagte Yoshi trocken und drehte sich dann zu mir. "Und du, willst du auch zahlen?"
"Nicht wenn es sich vermeiden lässt.", antwortete ich schnell und hielt meine Hände abwehrend hoch.
"Ok, dann zahlt Sergio 1000 und Marcel nichts." , grinste Yoshi zurück und gab uns etwas zu trinken.
Nachdem ich die Unterhaltung Sergio übersetzt hatte, dauerte es auch nicht lange, bis er zugab, dass er auch nichts zahlen will. Wir kamen also beide tatsächlich kostenlos durch den Abend, womit wir zumindest einen Teil unserer Mittagskosten wett machen konnten.
Und es war wieder eine Veranstaltung die anderthalb Stunden mit All-You-Can-Eat-And-Drink ablief. Im Laufe des Abendes kamen dann auch noch einige andere Ausländer und Japaner dazu.
Ein Australier, der schon seit vier Jahren in Japan lebt, offenbarte uns dann, dass es sich an dem Abend wohl um eine Verkuppelungsparty handelte. Die wird von zwei Parteien organisiert, einem Typ, der viele Singlefreunde hat und einem Mädel, die viele Singlefreundinnen hat. Zusammen mieten sie eine Bar, die Teilnehmer zahlen auch nochmal Eintritt (je nachdem wer erwünscht ist mehr oder weniger, gestern wohl für Männer 4000 Yen, für Frauen 1000; es gibt auch Verkuppelungspartys für Ausländer, hier zahlen die Ausländer weniger und die Japaner mehr und wahrscheinlich gibt es das auch noch in allen möglichen Variationen für die verschiedensten Geschmäcker) und dann wird "sich kennengelernt". Sergio und mich hat das etwas an eine Party von 15-jährigen in Deutschland erinnert. Die Mädels hocken auf einem Haufen, ab und an kommt ein Typ vorbei, quatscht etwas, geht wieder weg und dann wird erstmal untereinander getuschelt - vermutlich wie toll der Typ gerade war oder eben nicht.
Sergios und mein Beziehungsstatus war den Japanern egal. Ihnen ging es eher darum, jemanden zum Englisch üben zu haben. Und hey, da würd ich mir auch zwei deutsche Typen für aussuchen! Außerdem offenbarte uns Yoshi noch, dass er demnächst seine eigene Bar eröffnen würde und er fest damit rechnet, dass wir dann dort vorbei kommen. Vielleicht handelte es sich also auch nur um eine clevere Marketingstrategie, Sergio und ich konnten davon aufjedenfall sehr profitieren.
Ob sich an dem Abend wirklich Pärchen gefunden haben, ist schwer zu beurteilen. Nach anderthalb Stunden wirkte es so, als würde jeder getrennten Weges nach Hause aufbrechen.
Sergios Theorie war, dass vermutlich im Nachhinein die Organisateure von den interessierten Partien kontaktiert werden würden und dass dann vermitteln müssten.
Wer weiß, vielleicht finde ich das in meiner Zeit hier noch raus.
Im Zug nach Kashihara wurde ich plötzlich von der Seite angetippt, auch äußerst unjapanisch.
Ein nettes japanisches Mädchen sprach uns plötzlich auf Deutsch an und überraschte uns damit sehr.
Sie hätte unser Gespräch gehört und daraus geschlossen, dass wir wohl deutsch sein müssten. Sie geht regelmässig in Osaka in eine deutsche Bar, "Das Gasthaus 44", wo einmal im Monat ein deutsches "Get-together" stattfindet. Das nächste ist Donnerstag in zwei Wochen und wenn alles passt werden Sergio und ich da mal vorbeischaun.
Der nächste Termin ist also schon fix.
Heut abend werd ich mit ein paar Medizinstudenten noch in eine Onsen (heiße Quelle) gehen aber jetzt kümmer ich mich erstmal um Mittagessen!
Handelt es sich beim Kohai-Senpai System nicht um ein Platzhirschsystem?
AntwortenLöschenNich so richtig, da du von deinem "Rang" her beim Job auch deinen Senpai überholen kannst, obwohl dieser seinen "Ehrenstatus" behalten wird für dich.
LöschenEs geht eben vor allem um Respekt gegenüber Alter und Erfahrung und regelt wie sich die verschiedenen Parteien gegenüber verhalten müssen. Die Aufstiegschancen werden dadurch aber nicht wirklich beeinflusst (zumindest soweit ich das weiß)...!
Ohne das jetzt irgendwie zu kennen, find ich, dass es eigentlich ganz gut klingt... Du hast als Neuling immer Leute, die sich um dich "kümmern" (und offensichtlich ja auch nicht nur auf den Job bezogen), und dass man als Anfänger nicht sofort so toll ist wie Leute, die das schon seit Jahren machen, ist ja klar...
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