Samstag, 1. September 2012

Ich glaub ich fress nen Speer - Sie sind überall!

Puh, da ist mir am Donnerstag doch noch etwas (jemand) in die Quere gekommen, weshalb ich die Fotos nicht mehr hochladen konnte...
Die werden jetzt hier einfach nochmal reingeschrieben, mit kurzen Erläuterungen und danach gibts natürlich wieder nen Wochenbericht!

Meine Hütte:

 Insgesamt gibts vier Wohnungen, meine ist die hintere untere!
(Fotos von der Küche erspar ich euch...erstmal! Das Interieur wird dann demnächst präsentiert!)

Die Uni-Klinik:



Der Kofukuji-Tempel, einer DER Tempel von Nara:


Eins der Rehe, die da überall frei rumlaufen und Rehsnacks erbetteln:


Ein Rehsnackverkaufstand mit Fanclub:
 

Der Todaiji, in dessem Inneren sich ein gigantischer Buddha verbirgt:


Rehe, die das tun, was sie am liebsten tun:


...und noch viel lieber tun sie das, wenn sie Menschen dabei stören können:


Auf dem Weg zum Kasuga-Taisha-Schrein, dem größten Shintoschrein Naras:


Einer der beiden Medizinstudenten vom ersten Tag nach meiner Ankunft, vor dem Schrein Kashiharas:


Der andere Mediziner...seht ihr, wie sehr sich die rechte Holzstatue über meine Ankunft freut(tatsächlich ist das Bild glaub ich zu klein, um es wirklich zu sehen....)???:


Sooo, das wärs erstmal mit Bildern!

Sonntags bin ich also aufgebrochen, gen Osaka - doch zu früh gefreut!
Gerade als ich das Haus verließ, rief mir eine Stimme mit südländisch angehauchtem Akzent zu:
"Hallo, du bist doch auch Deutscher, oder?"
Ich wirbelte herum, während meine Gedanken rasten. Konnte es wirklich sein? Sollte nach nur einer Woche bereits meine Sonderstellung als Deutscher aufgehoben sein? Kein "Oh, du kannst sogar Stäbchen benutzen!", kein "Oh, aber deine Haut ist sooo schön weiß!!!" und auch kein "Egal wie groß und breit du tatsächlich bist, wir müssen dir immer die extra Übergrößen raussuchen, weil du Ausländer bist!!!!!!!!" mehr da ich nicht mehr einzigartig war?!? Oder hatte sich gar einer der Ärzte nur einen Streich erlaubt und wollte mich mit seinen Deutschkenntnissen überraschen?
Als ich meine Umwirbelung beendete, sah ich auf der Treppe [siehe oben] meines "Guest House" Sergio stehen.
Sergio ist Medizinstudent aus Bonn und auf die gleiche Idee wie ich gekommen, einen Teil seines PJ's in Japan zu verbringen. Im Gegensatz zu mir, bleibt er aber nur für zwei Monate und zwar in der Chirurgie, in der gleichen Abteilung, in der ich ab November auch arbeiten werde. D.h. alle Erwartungen, die er in den Japanern an deutsche Medizinstudenten weckt, werde ich genüsslich zerschmettern, wenn ich an der Reihe bin am OP-Tisch zu stehen!
Es gibt aber noch den ein oder anderen Unterschied zu meinem Aufenthalt. So wurde er z.B. NICHT mehrfach zu irgendwelchen Ostasien-Instituten geschickt, um einen Sprachnachweis zu erbringen und er musste auch nicht zwei hässliche kleine Heftchen hierher mitschleppen, in denen ein deutscher Selbstevaluierungsbogen von mir und den mich betreuenden Ärzten ausgefüllt werden soll...
Um es kurz zu sagen: Sergio wurde, so weit möglich, von seiner Uni unterstützt, während anderen Felsbrocken vor, zwischen und gegen die Beine geworfen wurden/werden...
Personal von MaReCum darf sich gerne angesprochen und bemüßigt fühlen, etwas an den derzeitigen Zuständen zu ändern.

Ich hatte allerdings nicht lange Zeit zum Plaudern, da mein Zug ja auf mich wartete. In Osaka verbrachte ich einen schönen Tag, mit viiieeel Essen, dem Erwerb einer Pfanne(!) und dem Schießen von Fotos die ihr hoffentlich nie in meinem Leben zu Gesicht bekommen werdet. Ich weiß jetzt auf jeden Fall, dass ich mir meine Haare nie grün färben werde...

Die Woche begann etwas anders als zuvor, den ersten Tag hab ich auf Station verbracht. Dort sind montags fast nur AiPler, zusätzlich dazu noch eine komplett fertige Ärztin, die quasi für alle Fragen zuständig ist, die die AiPler beim Ausfüllen der Arztbriefe haben. Diese Ärztin war dann auch für mich zuständig, da sie, wenn wir mal ehrlich sind, die ganze Zeit nichts zu tun hatte...
Das meiste spielt sich montags nämlich in der Ambulanz ab, da ist es aber sehr gedrängt und schwierig mich auch noch unterzubringen.
Ein großes Highlight gabs aber trotzdem: Shellong-Test mit zwei Ärzten, mir und einer Schwester (zur besseren Zuteilung meiner Funktion hab ich mich vor die Schwester geschrieben, eigentlich sollte das "mir" natürlich hinter ihr stehen, aaaaaaber...). Und das ganze bei nem bettlägerigen Patienten.
Für alle dies nicht wissen: beim Shellong-Test gehts um den Blutdruck, man misst ihn im Liegen, dann im Stehen, etc.
Große Gefahr dabei: der Patient kann umfallen, insbesondere dann, wenn er Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat.
Aber nicht wenn er im Bett liegt.
...
...
...
Naja...so haben also vier hochqualifizierte medizinische Spezialisten zwanzig Minuten ihres Lebens darauf verwendet, diesen Test durchzuführen. Und der Blutdruck wird hier noch nichtmal per Hand, sondern mit Maschine gemessen...

Achja: der Test war übrigens auch ohne Befund.

Abends wurde ich von nem Oberarzt zusammen mit einigen AiPlern zum Essen eingeladen. Wichtigstes Gesprächsthema: da ich ja noch nie in nem japanischen Stripclub war, müssen sie mich ja unbedingt dahin mitnehmen irgendwann...!

Der Rest der Woche verlief ähnlich angenehm wie in der Woche davor. Beim Kathetern sollte ich mich jetzt immer miteinwaschen und bei der Chefarztvisite (die knapp 5 Stunden ging) sollte ich bei jedem Patienten auch nochmal schnell mit dem Stethoskop hören, ob der Chef keine Fehler gemacht hat.
Chefarztvisite ist übrigens äußerst unterhaltsam:
Nachdem die Kurven aller knapp 60 Patienten durchgesprochen wurden(jeder Arzt übernimmt ca. 3 Patienten) und zwar nicht nur der Verlauf, sondern komplett von Einweisung bis zum aktuellen Zeitpunkt, auch wenn der Patient schon seit 4 Wochen liegt(die Liegedauer beträgt hier teils 3 Monate), rennen alle(das sind knapp 15) Ärzte dem Chef hinterher über die Gänge. Der Chef geht in die Zimmer, es folgen ihm zwei bis drei Ärzte, wirft sein Stethoskop auf die Patienten und verschwindet (meist ohne irgendwas zu sagen) innerhalb von Sekunden wieder, während der Pulk auf dem Gang wartet und sich für den nächsten Spurt warm macht.
Ich hatte dann auch immer großzügige 200ms Zeit, um das Herzgeräusch zu erlauschen.

Donnerstags durfte ich meinen ersten Katheter selbst schieben (jaaa der Patient hat überlebt und nein es gab keine schwerwiegenden [auch keine leichtwiegenden, einfach gar keine!!!] Komplikationen!). Die Ärztin, die eigentlich assisstieren sollte, war aus irgendeinem Grund nicht aufgetaucht und da ich ja so oder so dabei stand, haben sie mir diese Aufgabe zukommen lassen. Und dabei war ich schon begeistert, als man mir dienstags sagte, dass ich vermutlich am Ende der drei Monate mal Kathetern dürfte!

Wie es dann nächste Woche weitergeht, weiß ich nicht genau. Für wohl so zwei Wochen oder so, kommen Studenten zum Praktikum und eigentlich sollte ich die Zeit dann mit denen verbringen. Aber was sollen die denn im Katheterlabor ohne meine profunde Erfahrung und tatkräftige Unterstützung machen? Ich sehe schon eine steigende Todeszahl in der Kardiologie vor mir, sollte ich da wirklich abgezogen werden...

Freitag abend war ich mit Sergio unterwegs. Der verbringt leider viel Zeit im OP (leider, da ich unschöne Arbeitszeiten auf mich zukommen seh...wobei ich auch teilweise länger als er auf Station war und ab und an früher anfangen muss) und war dann gestern auch dementsprechend müde.
In Kashihara selbst gibt es leider...nicht viel, wie wir feststellen mussten. Essen kann man hier sehr gut in unterschiedlichsten Preiskategorien, von Spanisch bis Koreanisch ist auch alles zu finden, nur ne normale Bar oder ein ansonsten charmanter Ort mit Menschen ist nicht auszumachen gewesen. Wir waren kurz in ner Pachinko (jap. Spielhölle), aber da waren nur alte Frauen und Männer und Lärm (denn Musik wars nich), der dafür sorgt, dass alle Angestellten genauso schlecht hört wie die Kundschaft. Ist vermutlich das Konzept, damit das Kundengespräch sich angenehmer gestaltet.
Dementsprechend sind wir weitergeschlappt, bis wir ein Schild gefunden haben, auf dem Stand: "Sakura Lounge". Klingt ja erstmal ganz gut, dachten wir uns, und betraten den Laden (man musste erst ne Treppe hinauf ins Gebäude hinein...es sah nicht sooo offensichtlich aus, wie es sich jetzt anhören mag -.-). Wie sich manche vielleicht schon gedacht haben, erwartete uns im Inneren eine Hostess-Bar. Die dort arbeitenden Damen waren zwar sehr begeistert, aber wir versuchten ihnen so schnell wie möglich klar zu machen, dass wir noch driiingenste Termine hatten.
"Aber wohin geht ihr denn dann?", fragte die Hostess-Bar-"Oberin"
"Mal schaun, wir finden schon was.", entgegneten wir wortgewandt.
"Ach, dann lasst uns euch grad sagen, wo ihr was finden könnt!", kam uns als Antwort entgegengeschossen.
Leicht verunsichert schauten wir uns an. Nach mehrfachem ausdrücklichen darauf Bestehen, dass wir hier keinen Cent liegen lassen würden, willigten wir ein, uns Infos über die Umgebung geben zu lassen.
Die nette Dame drehte sich sofort um, griff nach einem Telephon und plapperte mit Gott weiß wem los. Ein weiterer verunsicherter Blick sauste zwischen uns hin und her.
Das war uns alles zu bunt, also sprangen wir auf und ergriffen die Flucht.

Tatsächlich sagten wir höflich, dass wir jetzt gehen würden, wir hätten keine Lust mehr was Trinken zu gehen, woraufhin sie nur sagte:
"Aber das Auto steht gleich vor der Tür..."
"Welches Auto?", fragten wir entgeistert.
"Das Auto, dass euch abholen soll!", strahlte sie uns an.
An diesem Punkt riefen wir Tschüss, drehten uns um und ergriffen wirklich die Flucht.

Wer die ganze Zeit jetzt angenommen hat, dass eine Hostess-Bar etwas äußerst Unanständiges ist, der sei beruhigt:
die Frauen sind alle komplett bekleidet und unterhalten sich nur begeistert mit ihren männlichen Kunden. Das ist ein ziemlich akzeptiertes Geschäftsmodell in Japan und gibt es auch in verschiedensten (z.B. Manga) Varianten. Das insbesondere Ausländer hier regelmässig ausgenommen werden, will aber niemand bestreiten.

Ein Bier haben wir dann trotzdem noch in nem anderen Restaurant getrunken. Hier hing im Gegensatz zur Hostess-Bar ein Bild mit einer barbusigen Frau an der Wand, obwohl es sich um eine "Western-BBQ-Grill-Bar" handelte...verstehe wer die Japaner...

Da der Abend doch früh zu Ende ging, hatte ich heute die Gelegenheit, früh morgens nach Nara aufzubrechen, um mir das Dojo der Hozoin-Ryu anzuschauen.
Die Hozoin-Ryu ist eine Koryu die Mitte des 16. Jahrhunderts gegründet wurde und sich auf Sojutsu, also den Umgang mit dem Speer, spezialisiert hat.
Neben dem knapp dreieinhalb Meter langen "Standard"-Speer, verwenden sie außerdem noch den Jumonji Kamayari, bei dem eine Querstange kurz vor die Klinge der Waffe angebracht wird. Hiermit lassen sich vielerlei lustige Dinge anstellen, wie z.B. den Speer des Gegners in der Luft herumzuwirbeln und ihn mit Leichtigkeit zu kontrollieren.
Kurzum, ich war so begeistert (auch wenn natürlich nichts über ein gutes altes Schwert geht...aber Kawasaki ist mir einfach zu weit entfernt), dass ich vermutlich regelmässig herkommen werde, um ein wenig den Umgang mit den Speeren zu erlernen!
Bei der anschließenden Sightseeingtour wäre ich aufgrund der sengenden Hitze beinahe verendet, weshalb ich heute abend nichts anderes mehr als Konbiniessen zu mir nehmen konnte. Wenn ihr also nichts mehr von mir hören solltet, wisst ihr, worans liegt...!

2 Kommentare:

  1. In England war ne Gruppe aus Bonn, und irgendwie hat sich durch Anstachelei von einem unserer Dozenten da so ne unterschwellige Feindschaft entwickelt... Deswegen, kehr dem Bonner nicht den Rücken zu, man kann bei denen nie wissen!

    Und, hattest du schon Rehe die in deine Wohnung reingelaufen sind? Die scheinen ja relativ zutraulich zu sein...

    Das Problem mit dreieinhalb Meter langen Speeren ist ja nur, dass man da das japanische Original nur so schwer im Flugzeug mittransportieren kann, falls das deine große Leidenschaft wird ;)

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    1. Ne, die Rehe sind nur in Nara-Stadt, nicht hier in der abgelegenen Ortschaft. Hier gibts nämlich keine Stände mit Reh-Keksen, deswegen wollen die auch gar nich herkommen :(

      Und wie gesagt, ich glaub ich bleib langfristig doch eher am Schwert hängen, das passt irgendwie besser zu mir :D
      In Deutschland (Hamburg) gibts aber wohl nen Ableger von der Gruppe, ich glaub die basteln sich die Dinger selbst(oder lassen sie sich per Transportflieger schicken...?). Es gäb also auch dort ne Quelle ^^

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