Puh, zwei Wochen im Dauerstress - wenn auch meist der guten Art.
Die Abende an denen ich in den letzten 14 Tagen nicht unterwegs war, kann man an einer Hand abzählen. Aber es gab ja auch viel zu unternehmen.
Unter anderem besuchte ich einen Medizinstudent bei seinem Nebenjob (Barkeeper, der mich netterweise kostenlos trinken lassen hat :D), habe zum ersten Mal Kendo im Univerein trainiert, einen Schrein bei Nachtbeleuchtung angeschaut, wurde von Ärzten zum Essen eingeladen, habe mit Ärzten Fußball gespielt, wurde von Ärzten zum Trinken eingeladen (seht ihr das Muster?), etc.
In der ersten Woche ließ sich das noch gut mit meinem Arbeitsplan vereinbaren, diese Woche wurde es dann doch anstrengend, da ich von Montag bis Mittwoch in jeweils über acht Stunden dauernden OPs teilgenommen hab.
Höhepunkt war aber sicherlich der Ausflug nach Kobe letzten Samstag. Training fiel leider mal wieder aus und ich hatte leider mal wieder keine Ahnung davon. Erneut stand ich also vor verschlossenen Toren. Diesmal war ich aber nicht der einzige Idiot. Einer der beiden anderen Ausländer die hier auch trainieren (es gibt einen [französischen] Schweizer und einen Kanadier) war ebenso ahnungslos wie ich.
Da wir die Anreise nicht vollkommen umsonst unternommen haben wollten, verbrachten wir den Vormittag mit Kaffe trinken und Geschichten erzählen, was auch sehr unterhaltsam war.
Mittags traf ich mich mit drei der jungen Ärzte, die ich auf der Kreislaufstation kennengelernt hatte. Zusammen fuhren wir mit dem Auto nach Kobe, um das letzte Spiel der J-League anzuschauen, dem japanischen Äquivalent der Bundesliga.
Es trafen Sanfrecce Hiroshima auf Vissel Kobe!
Schon vor dem Spiel war klar, dass Hiroshima in diesem Jahr Meister werden würde. Für Kobe war es dennoch ein wichtiges Spiel, da nur ein Sieg sie vom Absteigen bewahren konnte.
Um es kurz zu machen: die Qualität der J-League entspricht nicht den Standards der Bundesliga.
Trotzdem war es lustig anzuschauen, die Partie war aber von Fehlpässen, Stolplern und einem sehr gemässigtem Tempo geprägt. Der Torwart des Meisters begeisterte mit einem Pass im Elfmeterraum auf einen Gegenspieler und einer knappen Parade, die den anschließenden Torschuss gerade noch so vereiteln konnte.
Viele andere Torchancen gab es aber nicht - die Partie ging 1:0 für Hiroshima aus, der Treffer wurde durch einen Elfmeter erzielt.
Nach dem Spiel schlenderten wir etwas durch die Stadt, um unseren Appetit anzuregen. In einer der Einkaufspassagen wurde ich von einer anderen Ausländerin angesprochen, die mich um etwas Geld für eine Spendensammlung bat. Als ich ihr entgegnete, dass ich noch Student sei und mir das derzeit nicht leisten könne, sagte sie eiskalt:
"Du trägst doch Klamotten, also hast du ja wohl Geld!"
Auf dieses Argument ließ ich mich aber doch nicht ein und flüchtete schnell vor der spukigen alten Hexe.
Zum Abendessen gab es das berühmte Kobe-Rind, wenn auch in sehr sehr kleiner Portion, da es sonst unbezahlbar gewesen wäre.
Danach ging es weiter. Ich dachte zunächst, dass wir jetzt den Heimweg antreten würden, da es immerhin eine gute Stunde bis nach Kashihara dauerte und die Zeit schon etwas fortgeschritten war, aber weit gefehlt!
Die drei Ärzte hatten nach einer besonderen Bar für mich gesucht und sie letzten Endes auch gefunden. Zu Stande kam das alles, weil wir an einem anderen Abend über deutsche Bargebräuche gesprochen hatten.
Wir betraten also den mystischen Ort, der sich gut versteckt in einer Unterführung befand und den wohl niemand außer uns gefunden hatte, denn die Bar war bis auf den Barkeeper vollkommen leer.
Meine Adleraugen erspähten aber sogleich den Kern der Magie dieses Ortes:
Ein Tischkicker!
Hierzu muss man sagen, dass den Japanern diese Erfindung so gut wie unbekannt ist. Ich kam schon an die Grenzen meines Japanischs, als ich versuchte den Ärzten zu erklären, wie so eine arkane Maschine denn funktionieren würde und warum das denn Spaß machen soll. Der Barkeeper versicherte uns, dass es in Tokyo zwar einige Kickertische geben würde, in Osaka aber nur diesen einen.
Nicht ganz überraschend kam dann auch die Erkenntnis, dass der Tischkicker nicht ganz originalgetreu aufgebaut war. So gab es 13 statt 11 Spieler und die Anordung war auch etwas gewöhnungsbedürftig - Spaß hatten wir trotzdem!
Und in den Japanern, die zum ersten Mal in ihrem Leben spielten, hatte ich auch endlich Gegner gefunden, gegen die ich eine reale Chance zu gewinnen hatte!!!
Natürlich mussten sie bei einem zu null Sieg auch unter dem Tisch durchkrabbeln :D
Am nächsten Tag besuchte ich Kyoto, dass Wetter war allerdings etwas grau und ich erschöpft von den letzten Tagen, so dass ich nicht allzu lange Zeit dort verbrachte.
Mittags aß ich in einem kleinen Tante Emma Laden eine Portion Udon(Nudeln), da ich mir dachte, mal etwas Geld zu sparen. Als ich dann die erste Kakerlake über den Boden zischen sah, merkte ich, dass das vielleicht keine gute Idee gewesen war.
Ich hatte jetzt zwei Optionen; entweder ich ließ das Essen stehen und verließ mit leerem Magen den Laden, um nochmal Geld ausgeben zu müssen oder ich betete, keine Lebensmittelvergiftung zu bekommen, aß artig und zügig auf und hoffte, dass sich keine Kakerlaken in meine Klamotten gesetzt hatten, um sich anschließend in meiner Wohnung zu verbreiten.
Natürlich entschied ich mich für die zweite Option.
Die Tempel und Schreine Kyotos dankten es mir, da ich an jedem Halt machte, um zehn Yen in die Opferkiste zu werfen und für eine gesunde Verdauung zu beten.
Offensichtlich waren mir die Götter wohlgesinnt, da ich keinerlei Schwierigkeiten in dieser Hinsicht hatte!
Von links nach rechts: Fukuba, Marcel, Takeda und Urate
Die japanische Tischkickerpose!
Das obligatorische Gruppenbild
Schreinwächter in Kyoto
Wunderschönes Kyoto, auch bei grauem Himmel (Kyomizudera)
Herbstblüte - der Grund für tausende Japaner nach Kyoto zu reisen
Tausende Japaner in Kyoto
Tradition mitten in der Stadt
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